Buttjersprache

Spendersprachen

Der Wortbestand der Buttjersprache stammt aus verschiedenen Quellen: aus dem Rotwelsch, dem Jiddischen, dem Jenisch der Schausteller, dem neuindischen Sintes, aus dem Platt der bäuerlichen Umgebung Mindens, aus der Mindener Umgangssprache, aus dem Hochdeutschen und anderen Sprachen.

Kennzeichen der Buttjersprache

Schon die Mindener Umgangssprache achtet oft wenig auf Sprachrichtigkeit. Dafür ist die Frage Willstamit sprechen? anstelle von „Willst du mit ihm/ihr sprechen?“ ein kurzes Beispiel.

Ein anderes Beispiel muss fast schon übersetzt werden: Krich das da nich wech! Das licht anne Erde für „Heb’ das nicht auf! Das liegt (doch) auf der Erde (=ist schmutzig)!“ Die Sprache der ortsansässigen Buttjer unterschied sich von der Sprache der Stadt- und Landstreicher, wie sich an den Zahlwörtern zeigen lässt. „Eins, zwei, drei, vier“ hießen in der Buttjersprache jeck, dui, tren, star; in der Sprache der Stadt- und Landstreicher olf, bais, kümmel, dollar.

Manche Ausdrücke der Buttjersprache hören sich harmlos an wie Universität, werden aber mit Wortwitz in anderer Bedeutung verwendet (Universität = „Gefängnis“). Manche Wörter sind viel- oder doppeldeutig. Beispiel: Kaum haste den jadjedi inne feme un denkst, nu kommste ans Schickern, da schallert der dich noch ’ne Strophe! – „Kaum hast du den Schnaps in der Hand und denkst: jetzt fängt das Trinken an, da singt der noch 'ne Strophe!“ (schallern=„singen“) – Aber: Der hat dich den original eine jeschallert! – „Der hat dem wirklich 'ne Ohrfeige gegeben!“ – Affenflöte heißt „Zigarette“ und Schmockstock „Zigarre“.

In der Notzeit nach dem Krieg sammelten viele arme Raucher (auch Schüler, die tauschen wollten) achtlos weggeworfene Zigarettenkippen, um aus deren Tabakresten „neue“ Zigaretten anzufertigen. Man musste aufpassen, und es musste schnell gehen, damit die Kippe auf dem Bürgersteig nicht zertreten wurde. Der entsprechende Ausruf lautete: Tick dich, Fitti, krall dich den Kometen! – „Guck mal Fritze, schnapp dir die Kippe!“


1940 bis 2000

Spätestens in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Buttjersprache auch zur Sprache der Pennäler, manchmal auch zur Familiensprache. Etwa zu dieser Zeit haben die der Buttjersprache mächtigen Mindener damit begonnen, sie mit der Bi-Sprache zu kombinieren. Die Bi-Sprache, die auch andernorts bekannt ist, diente dazu, die Buttjersprache vollends unverständlich zu machen. Der westfälische Bauer, der für falldicke die Übersetzung „sturzbetrunken“ noch fand, gehörte vor allem bei einem schnell gesprochenen fabilldibicke nicht mehr zum Kreis der Eingeweihten.

Inzwischen hört man die Buttjersprache nur noch selten, selbst unter älteren Mindenern. Die enge Ortsbindung der Buttjersprache an die Mindener Kernstadt ging mit der Ausdehnung Mindens und mit der rasant gewachsenen Mobilität in den letzten Jahrzehnten weitgehend verloren. Die Lebenswelt, in der die Buttjersprache entstanden war, ist mit dem Wirtschaftswunder allmählich verschwunden. Die Buttjersprache stirbt aus.

aus: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie

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