Anekdoten


Bierdeckel Philosophie

von Horst Riensche

„Mensch, Mabixe, dass man dich auch mal wieder dibbert.
Komm, wir natschen inne Pinte und pienen uns einen,“ schmuste der Butjer,
als er seinen alten Kumpel traf.
Die beiden steuerten also die nächste Kneipe an und setzten sich an die Theke. Dort war schon ein reges Treiben im Gange. Eine Runde von 6 Mann war am Knobeln.

„Stell dich mal vor, wie das manchmal bei die Knobelei so is, einer verliert vier Mal ne Rutsche, schon hat er 24 Epis aufen Deckel. Das sind fast 30 Nicklos, in Euro mein ich, von das neue Lobi.“ Mabixe antwortet: „Lasse doch, is doch nich unser Pulver.“
„Ich lasse se auch, das Knobeln macht die ja auch wohl doll Laune, das merkste schon an die Sprüche dabei. Aber manchen stehen die Tränen inne Augen, wenn se ans Schucken denken.

Dann sieht mancher Bierdeckel von oben, mit die Striche drauf,
aus wie das Riesenrad aufen Schock, vonne Seite beniebelt.“
Und nach dem Knobeln wird gemeckert. Über den Rentenbeitrag,
die Krankenkasse, auf den Soli und die Altersfürsorge, auf die Asylanten
und die Aussiedler, auf die Arbeitslosen und die Penner.

Besonders auf die Unternehmer, diese Ausbeuter, und natürlich auf die Steuern. „Alles fuhle Basko, uns geht es nicht toff und der Staat beseibelt uns.“
„Näh,“ sagt Max, „dazu fällt mich nur ein, dass es Viele von uns jarnich so dreckig gehen kann, wenn ihr Bierdeckel mit die Striche darauf aussieht,  wie das Riesenrad aufen Schock vonne Seite.

Und mein Nachbar, den seine Olle fährt als Zweitwagen son Geländeauto,
wie se in Australien und Kanada laufen. Der hat schon geschmust,
dass er sich ein kleines Auto als Zweitwagen kaufen muss,
weil es uns so dreckig geht und der Staat uns immer beseibelt.“

Auch der Butjer kommt ins Grübeln und denkt schon an die nähere Zukunft.
„Na, hoffentlich haben se noch Lobi genug fürs Schützenfest in Sommer, dasse sich ein paar Lawinen schickern können.“




Die Theke gehört uns

aus "Reune dich ihn mitter toffen Schmese"
Karikatur von Klaus Holthaus


Ein Donnerstag in Minden. Es ist Wochenmarkt. Die Frische vom Lande hält Einzug in die Stadt. Obst und Gemüse, Fisch und Fleisch, Blumen und Leckereien. Das lassen sich die alten Mindener natürlich nicht entgehen. Auch nicht der Buttjer, der mindestens zweimal die Woche aufs Marcht jeht.

Die Martinitreppe erklommen, sein stählernes Ebenbild zur Linken liegen gelassen, verspürt er starke Schmacht, so dass zunächst etwas Rallepeng her muss. „Frische Schwimmlinge", brüllt ihm der Fischverkäufer gleich neben ihm entgegen.die Theke gehört unsDoch der Buttjer winkt ab. „Um diese Zeit schon Schwimmlinge?
Nee, das gibts nur Freitags bei unser Muttern." Beim Quali schließlich bleibt er stehen, lässt sich fünf Pfund Matrelen einpacken, scholmt dui nicklo und natscht vergnüglich weiter.
Was schmust die Osnick?" fragt er den Verkäufer. „Halb Elf", kommt prompt die Antwort. „Oh", denkt der Buttjer, „Zeit für'n lüttjes Plemper." Nach Möglichkeit for lau, versteht sich. Die nächste Pinte ist nicht weit.
                       


Das Ende dieser und weiter Geschichten, in dem Buch " Reune dich ihn mitter toffen Schmese"
zu bestellen beim Mindener Buttjer über das Kontaktformular.

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